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Sie sind selten und etwas besonderes: handschriftliche Briefe. Wer sie im Briefkasten findet, kann sich freuen. So auch 34 Seniorinnen und Senioren, die beim Studienprojekt von Angela Losenegger, Sozialpädagogik-Studierende der Martin Stiftung, und ihren fünf Kommilitonen mitmachten.

«gemeinsam – Briefe mit Herz -Generationen verbinden» heisst das Projekt der Studierenden. Es soll Menschen über 65 Jahren Freude machen, die aufgrund der Pandemie viel Zeit allein zu Hause verbringen müssen. «Gleichzeitig soll das Projekt zwei Generationen verbinden», erzählt Angela Losenegger. Schülerinnen der 5. und 6. Klasse einer Primarschule im Kanton Uri vermittelte sie für einen brieflichen Austausch an Senioren.

Das Lieblingsessen, die eigenen Haustiere, die Hobbys und die Familie: Viele Themen interessierten die neuen Bekanntschaften. Die Kinder schrieben Briefe statt Chat-Nachrichten, bastelten und bemalten das farbige Papier und verzauberten es in kleine Kunstwerke.

«Es war einfach jedes Mal grossartig, als ich einen Brief bekommen habe.»

Die Seniorinnen hingegen erhielten wie in früheren Zeiten handschriftliche Post. Eine schöne Erinnerung, aber auch eine Herausforderung: Es musste zurückgeschrieben werden. Manchmal wollen die Hände nicht mehr so lange einen schmalen Stift umfassen, manchmal fehlt der Mut, die ersten Buchstaben auf das leere Papier zu bringen.

«Sehr schön war die Überraschung der lieben Briefe. Das ganze Projekt war für mich ein Aufsteller in der Coronazeit. Gesundheitlich ging es mir viel besser. Hatte viel Freude»

Projekt ist Teil einer Weiterbildung in Sozialpädagogik

Angela Losenegger ist Fachperson Betreuung für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Seit sechs Jahren arbeitet die 28-Jährige in der Martin Stiftung. Im Dezentralen Wohnen begleitet sie Menschen mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung. Berufsbegleitend studiert sie derzeit Sozialpädagogik an der Höheren Fachschule in Luzern. Ein Teil des Studiums ist es, ein Projekt zu planen, durchzuführen und zu evaluieren. So entstand das Projekt «gemeinsam».

«Das Projektthema ist die Gesundheitsförderung kombiniert mit dem Thema Alter. Zudem sollte das Projekt in Zeiten von Corona gut realisierbar sein», erzählt sie. Nach einer Bedarfsanalyse bei mehreren Gemeinden wurde das Projekt konkreter: Schülerinnen schreiben Senioren Briefe, um ihnen soziale Kontakte auch ohne Medien und Besuche zu ermöglichen. Der Briefkontakt dauerte von Anfang März bis Ende April und wurde von der Projektgruppe und den Lehrpersonen begleitet.

Alle Teilnehmenden erhielten bei Beginn ein Couvert mit den benötigten Schreibmaterialien, damit für sie keine Kosten entstehen. Finanziert wurde das Projekt durch Spenden von den Projektpartnern und ein Crowdfunding im Frühjahr 2021.

Das Generationen-Projekt geht weiter – vielleicht auch in der Martin Stiftung

«Sich über einen Brief auszutauschen kann eine Abwechslung im Alltag sein. Deshalb wäre es schön, wenn das Projekt weitergeht, auch nach Abschluss der Projektarbeit», so Angela. Die Teilnehmenden würden selbst entscheiden, ob und wie lange sie in einem schriftlichen Kontakt bleiben möchten.

«Es wäre auch schön, das Projekt in der Martin Stiftung zu machen», sagt Angela. In der Martin Stiftung leben einige Menschen, deren Alltag ebenfalls durch die Pandemie eingeschränkt ist. Zudem wäre es für Schulkinder in der Region wie Erlenbach oder Herrliberg eine gute Möglichkeit, mehr Kontakt zu Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung aufzubauen.

Bilder: Caroline Arnold, Cornelia Jost, Brigitte Descombes, Sarah Spigaglia, Vanessa Büchler und Angela Losenegger

Suchen Sie einen Brieffreund in der Martin Stiftung

Sind Sie Lehrperson, Mutter, Vater oder arbeiten mit Jugendlichen und haben Interesse das Projekt gemeinsam mit der Martin Stiftung weiterzuführen? Melden Sie sich bei der Martin Stiftung.

Feedback: Das machte den Kindern viel Freude:

«Das sie mir gesagt hatte, dass ich sie Mimi nennen kann. Also Grossmutter.»

«Ich finde das eine coole und schöne Projektidee, dass ältere Menschen mit Kindern schreiben. Sie können sich dann von sich und ihren Geschichten erzählen.»

«Ich finde es schön, dass ich mit meiner Brieffreundin in dieser kurzen Zeit schon so viel Kontakt aufgebaut habe.»

Das sagten die Seniorinnen über das Projekt:

«Es hat gut getan, in dieser schwierigen Zeit die wir aushalten müssen, von einer jungen Person angesprochen zu werden.»

«Das Ganze war eine Beschäftigung, Erfüllung, Unterhaltung. Danke.»

«Ein Blick in die Umgebung der jungen Leute (Primarschule) fördert u.a. das Verständnis für unsere Nachkommen – die JUGEND (und ihre «Probleme»).»

«Die ausführliche Schilderung ihres Umfeldes (der Brieffreundin). Dies öffnete Türen auf beiden Seiten.»

«Zuerst dachte ich was soll das. Ich bin nicht so eine grosse Briefeschreiberin, aber schlussendlich hat es Spass gemacht. Es ist auch schön, wenn die Schüler einen Brief schreiben und nicht nur am Handy sitzen.»

«Ja, ich möchte wieder mitmachen. So bleibt man jung.»

«Die psychische Gesundheit wurde lange in der Öffentlichkeit vernachlässigt. Jetzt wird Aufholarbeit» geleistet, was sehr zu begrüssen ist.»